Melisse, Zitronenmelisse - Melissa officinalis
Die anerkannte medizinische Anwendung der Melissenblätter ist die innerliche Therapie bei Angespanntheit, Unruhe und Reizbarkeit sowie zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie leichte Bauchkrämpfe. Äusserlich zur Behandlung der wunden Stellen (Lippenbläschen) bei Lippenherpes.
Melissa officinalis (syn. Melissa altissima, M. graveolens, Thymus melissa);
Melisse (syn. Citronelle, Herzkraut, Zitronenmelisse).
VORKOMMEN
Die Melisse ist im östlichen Mittelmeergebiet und in Westasien beheimatet. Das natürliche Areal reicht von Anatolien bis nach Pakistan. Die angenehm duftende Pflanze wird weltweit in den warmen Zonen kultiviert und verwildert auch immer wieder. In Mitteleuropa ist sie manchmal verwildert auf Waldschlägen und an Forststrassen zu finden. Die Zitronenmelisse wächst gerne auf nährstoffreichem, warmen und trockenen Lehm- oder lehmigem Sandboden.
MERKMALE
Melissa officinalis wird 30-90 cm hoch, ist verzweigt, kurz behaart und
hat einen angenehmen Zitronengeruch. Die Blätter sind 2 bis 8 cm lang,
eiförmig, grob gezähnt und in den kurzen Stiel verschmälert. Die
ausdauernde Pflanze bildet ein Rhizom, von dem kurze, unterirdische
Ausläufer abgehen. Die Blüten stehen zu 3 bis 7 einseitswendig in den
Achseln der oberen Blätter. Die Krone ist weiss, ca. 1 cm lang, mit
bauchig erweiterter, aufwärts gebogener Röhre, flacher, ausgerandeter
Oberlippe und 3teiliger Unterlippe. Der Kelch ist glockenförmig,
zweilippig, die Zähne der Unterlippe sind verlängert. Die Zitronenmelisse verströmt einen zitronenartigen, warmen Duft, der Bienen in Scharen anlockt.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
1. Melissae aetheroleum - (syn. Melissae oleum, Oleum Melissae); Melissenöl, das äther. Öl der Pflanze.
2. Melissae folium - (syn. Folia Melissae citratae, Folium Melissae); Melissenblätter (syn. Herzkraut, Zitronenkraut, Zitronenmelisse), die getrockneten Laubblätter.
Gesammelt werden die Blätter vor dem Aufblühen im Juni bis Juli. Die Blätter sollen nur bei unverzweigten Stängeln geerntet werden.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Die Blätter enthalten bis zu 0.8 % ätherisches Öl. Die Hauptkomponenten sind Citral (mit 40 bis 70 %, als Gemisch aus Geranial und Neral), Citronellal (1 bis 20 %) und β-Caryophyllen (5 bis 15 %). Die Literaturangaben über den Gehalt an ätherischem Öl in Melisse differieren stark. Weitere Bestandteile sind Linalool, Geraniol, Caryophyllenepoxid , Germacren D, Methylcitronellal, 6-Methyl-5-hepten-2-on, Geranylacetat, α-Copaen und Nerol.
Die Blätter enthalten 4 bis 7 % Hydroxyzimtsäure-Derivate, vor allem Rosmarinsäure (die sogenannten Labiatengerbstoffe), aber auch Chlorogensäure und Kaffeesäure.
Die Droge enthält ungefähr 0,003 % Flavon- und Flavonolglykoside, wie z.B. Luteolin-7-O-glucosid (Cynarosid) oder Apigenin-7-O-glucosid.
An Triterpensäuren wurden Ursolsäure und Oleanolsäure gefunden.
Des Weiteren sind Bitterstoffe, Harz, Schleimstoffe, Glykoside, Saponine und Thymol enthalten. Der Vitamin-C-Gehalt der frischen Pflanze pro 100 Gramm Frischgewicht beträgt 253,0 Milligramm.
PHARMAKOLOGIE
Aufgrund des Gehaltes an Phenolcarbonsäurederivaten, vor allem Rosmarinsäure, haben Melissenblätter eine antimikrobielle und antivirale Wirkung. Dies wird in Salben zur Behandlung von Herpes simplex eingesetzt. In kontrollierten Studien ist die Wirksamkeit bei topischen Anwendungen bei Herpes labialis belegt.
ANWENDUNG
Anerkannte medizinische Anwendungen:
- Kommission E: innerlich bei funktionellen Magen-Darm-Beschwerden und bei nervös bedingten Einschlafbeschwerden.
- ESCOP: innerlich bei Angespanntheit, Unruhe und Reizbarkeit sowie zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie leichte Bauchkrämpfe; äusserlich zur Behandlung der wunden Stellen (Lippenbläschen) bei Lippenherpes.
- Melissenblätter wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft.
Volksmedizinische Verwendung:
Die traditionelle Verwendung ist die Unterstützung der Magenfunktion und
bei nervlicher Belastung. Präparate wie Teeaufgüsse, Flüssig- oder
Trockenextrakte aus den Blättern wirken beruhigend und krampflösend. Sie
werden bei Einschlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.
Häufig werden sie in Teemischungen mit anderen beruhigend wirkenden
Drogen eingesetzt z.B. mit Baldrian, Johanniskraut, Passionsblume und Hopfen. In der Volksmedizin wird die Zitronenmelisse auch gegen Erkältungskrankheiten und Kreislaufschwäche eingesetzt.
Bäder werden bei Entzündungen der Haut und der
Genitalorgane eingesetzt, aber auch als Entspannungsbäder. Weitere
Anwendungsgebiete sind Gallenleiden und hypertone Dyskinesie.
Melissa officinalis ist auch Bestanteil von Melisana Klosterfreu Melissengeist®, neben u.a. Alant, Enzian, Bitterorange, Engelwurz, Muskatnuss, Ingwer, Galgant und Pfeffer.
In Iberogast® ist neben der Bitteren Schleifenblume, Engelwurz, Kümmel, Kamille, Mariendistel, Pfefferminze, Schöllkraut und Süssholz auch die Melisse enthalten.
Auch in Sidroga Magentee ist die Droge neben Kalmus, Tausendgüldenkraut, Kamille und Schafgarbe enthalten.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Teebereitung: 1.5 - 4.5 g Droge auf eine Tasse als Aufguss (10 min ziehen lassen). Mehrmals täglich nach Bedarf.
STATUS
- Kommission E: - positive Bewertung
- ESCOP: - positive Bewertung
- HMPC: - als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (Melissae folium)
HOMÖOPATHIE
Melissa officinalis - die frischen Blätter.
Anwendungsgebiet: Regelstörungen.
MELISSE IM GARTEN
Die Pflanze liebt nährstoffreiche Standorte, bevorzugt auf lehmigem Sand oder sandigem Lehm ohne Staunässe mit einem hohen Humusgehalt. Ideal ist die Beigabe von mineralhaltigem Kompost. Gekaufte Pflanzen direkt ins Beet setzen, oder man kann auch direkt ins Freiland aussäen. Die Melisse braucht keinen Dünger, ist mehrjährig und absolut winterhart. Die Heilpflanze gehört in jeden Kräutergarten.
SONSTIGES
Früher wurde die Zitronenmelisse vor allem als Bienenfutterpflanze kultiviert (melissa bezeichnet im griechischen die Honigbiene). Das Artepitheton officinalis lässt den Schluss zu, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt. Heute wird die Heilpflanze vor allem als Gewürz-, und Arzneipflanze angebaut. Die Blätter können als Küchengewürz verwendet werden. Blattextrakte werden auch zu Kräuterlikören verarbeitet. Als Bestandteil des Spiritus Melissae compositum spielte die Pflanze als Hausmittel eine wichtige Rolle. Zur Herrstellung von kalten Getränken, Salaten, Saucen und Kompotten wird die Melisse gerne verwendet.
Letzte Änderung: 21.04.2024 / © W. Arnold