Ingwer - Zingiber officinale

Der Wurzelstock des Ingwers hat eine anerkannte medizinische Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden (diffuse Oberbauchbeschwerden) und zur Verhütung der Symptome der Reisekrankheit. Reizungen der Mundschleimhaut und des Verdauungstrakts gehören zu den möglichen unerwünschten Wirkungen.


Ingwer(Zingiber officinale) - Zeichnung der ganzen Pflanze

Wurzelknolle vom Ingwer

Zingiber officinale (syn. Amomum zingiber); Ingwer (syn. Ginger)

VORKOMMEN

Die Heimat der Ingwerpflanze ist Südostasien, wahrscheinlich auf den pazifischen Inseln. Von der Wildform weiss man wenig. Ingwer wird in vielen Ländern kultiviert, vorallem in Indien und China. Unter sehr günstigen Bedingungen kann Ingwer in unseren Breitengraden auch im Garten gedeihen.

MERKMALE

Zingiber officinale ist eine tropische Rhizompflanze die eine Höhe von bis zu 140 Zentimetern erreicht. Sie hat bis 30 cm lange, lineallanzettliche Blätter. Die Blütentriebe mit einer kurzen Blütenähre mit gelben Einzelblüten sind lang und werden direkt aus dem Rhizom gebildet.
Die Pflanze besitzt eine gewisse Ähnlichkeit mit Galgant (Alpina officinarum).

DROGEN (verwendete Pflanzenteile)

Zingiberis rhizoma (syn. Radix Zingiberis, Rhizoma Zingiberis);
Ingwerwurzelstock (syn. Ginfer, Ingber, Ingwer, Ingwerklauen, Ingwerwurzel, Ingwerzehen), das vollständige Rhizom.

WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE

Ingwerwurzel enthält bis zu 8 % eines zähflüssigen Balsams (Oleoresin). Diese lässt sich in eine nicht wasserdampfflüchtige Scharfstoff-Fraktion und eine ätherische Öl-Fraktion unterteilen:

Gingerole:
Hauptkomponente der Scharfstoff-Fraktion sind die Gingerole. Die Struktur der Gingerole entsteht aus Ferulasäure, Malonsäure und einer aliphatischen Fett­säure. Wird Hexansäure eingebaut, so entsteht [6]-Gingerol, das wichtigste Gingerol dieser homologen Reihe. [6]-Gingerol ist für das scharfe Prinzip verantwortlich, die längerkettigen Homologe [8]- und [10]-Gingerol haben praktisch keine Scharfwirkung mehr.

Gingerol

Shogaole:
Bei der Lagerung von Ingwer und der Einwirkung von höheren Temperaturen kann es durch Dehydratisierung der Gingerole relativ leicht zur Bildung von Shogaolen kommen. Diese stellen ihrerseits in Analogie zu den Gingerolen eine homologe Reihe dar.

Die Schärfe der Shogaole ist deutlich höher als die der Gingerole. Hauptverbindung ist hierbei [6]-Shogaol, neben geringen Mengen [8]- und [10]-Shogaol. Shogaole sind in frischem Ingwer nur in geringen Konzentration zu finden.

Shogaol

Diarylheptanoide:
Diarylheptanoide bezeichnet man auch als Curcuminoide. Hexahydrocurcumin ist eine typische Verbindung dieser Substanzklasse in Ingwer.

Hexahydrocurcumin

Ätherisches Öl:
Ingwer enthält bis zu 3 % ätherisches Öl. Das ätherische Öl enthält als Hauptbestandteile (-)-α-Zingiberen.
Als Geruchsträger gelten β-Sesquiphellandrol und Zingiberol.
Für das Aroma des Ingwers sind Monoterpenkohlenwasserstoffen (Camphen, Limonen, Myrcen, β-Phellandren und α-Pinen) verantwortlich.

Zingiberen

Weitere Verbindungen:
- Zingeron (durch Zersetzung der Gingerole)
- Dehydrogingerdione (Intermediate der Gingerole)
- Lipide und Glykolipide (Gehalt ca. 8%)
- Hydroxyzimtsäuren und Hydroxybenzoesäuren
- Aminosäuren (Alanin, Arginin, Asparagin, Glycin, Serin u.a.)
- Kohlenhydrate (Ingwer enthält ca. 50% Stärke)

PHARMAKOLOGIE

Die antiemetische Wirkung wird anscheinend durch eine direkte Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt vermittelt. Diskutiert wird ausserdem auch ein Antagonismus von Serotonin-Typ-3-Rezeptoren. Eine Meta-Analyse ergab einen moderaten Effekt von Ingwer auf das Auftreten postoperativen Erbrechens im Vergleich zu einer Behandlung mit Placebo.

Der Inhaltsstoff [6]-Gingerol hemmt deutlich die Expression des Enzyms Cyclooxygenase-2, welches Entzündungsreaktionen, wie z. B. bei Arthrose und Rheuma vermittelt. Bei Arthrose-Patienten konnte mit Ingwer-Auszügen die gleiche Schmerzlinderung wie mit Ibuprofen erzielt werden (siehe in diesem Zusammenhang auch Curcuma (Kurkuma)).

ANWENDUNG

Anerkannte medizinische Anwendung

Angaben der Kommission E:

  • Anwendungsgebiete: Dyspeptische Beschwerden (diffuse Oberbauchbeschwerden); Verhütung der Symptome der Reisekrankheit.
  • Gegenanzeigen: Bei Gallensteinleiden nur nach Rücksprache mit einem Arzt anwenden.
    Hinweis: Keine Anwendung bei Schwangerschaftserbrechen.
  • Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.
  • Dosierung: Tagesdosis 2 g Droge; Zubereitungen entsprechend.
  • Art der Anwendung: Zerkleinerte Droge und Trockenextrakte für Aufgüsse; andere galenische Zubereitungen zum Einnehmen.
  • Wirkungen: Antiemetisch (gegen Brechreiz), positiv inotrop (Erhöhung der Kontraktionskraft des Herzens), Förderung der Speichel- und Magensaftsekretion, cholagog (gallentreibend);
    beim Tier: spasmolytisch (krampflösend); beim Menschen: Steigerung von Tonus und Peristaltik des Darms.

In gleicher Weise äussert sich auch die ESCOP. Das HMPC hat für den Ingwerwurzelstock die Anwendung vorbeugend gegen Reisekrankheit mit Übelkeit und Erbrechen als "medizinisch allgemein anerkannt“ akzeptiert.

Weitere Anwendungen
Zubereitungen aus dem Ingwer-Wurzelstock werden grundsätzlich antioxidative, antiemetische, entzündungshemmende sowie anregende Effekte auf die Magensaft-, Speichel- und Gallenbildung sowie die Darmfunktion zugesprochen. Insbesondere in der traditionellen asiatischen Medizin wird Ingwer auch zur Behandlung von Rheuma, Muskelschmerzen oder Erkältungen verordnet. Ingwer wird gerne als postoperatives Antiemetikum verwendet.

Ingwer ist Bestanteil von Melisana Klosterfreu Melissengeist®, neben u.a. Melisse, Alant, Enzian, Bitterorange, Engelwurz, Muskatnuss, Kardamom und Pfeffer

ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG

Vor allem in Kapseln und Tabletten als Fertigarzneimittel. Dazu gehören Kapseln, die als Arzneimittel zugelassen sind (Zintona®). Die Teebereitung ist weniger gebräuchlich.

Als Antiemetikum (gegen Brechreiz) und zur Vorbeugung der Symtome der Reisekrankheit: 2 g gepulverte Droge mit einem Glas Wasser einnehmen.

STATUS

HOMÖOPATHIE

Zingiber officinale HAB 1, der vom Kork befreite, getrocknete Wurzelstock.
Anwendungsgebiet: bei Verdauungsschwäche, Durchfall, Entzündungen der Atemwege.

INGWER IM GARTEN

Der wärmeliebende Ingwer lässt sich auch in unseren Breitengraden kultivieren, in Topfgefässen und Kübeln ist das ohne weiteres möglich. Weichen sie dazu normale Ingwerknollen mit gut entwickelten Triebspitzen über Nacht in warmem Wasser ein. Am nächsten Tag schneiden sie die Knollen in Stücke mit je drei bis vier Triebspitzen. Verwenden sie Pflanztöpfe mit guter Gartenerde und pflanzen sie die Stücke so ein, dass sie nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt sind. Angepflanzt wird die Ingwerwurzel immer im Frühjahr (Februar/März). Auch mit genügend Wasser und Wärme ist mit einer Kulturperiode von etwa 250 Tagen zu rechnen. Damit die Pflanze prächtig gedeiht, muss prinzipiell mit kalkfreiem Wasser (z.B. Regenwasser) gegossen werden. Staunässe muss beim Giessen unbedingt vermieden werden.

Mehrere Ingwerwurzeln

SONSTIGES

Bei Indern und Chinesen wurde der Ingwer seit dem Altertum angebaut und vor allem als Gewürz genutzt. Der Gattungsname Zingiber stammt aus dem arabischen zindschabil, was soviel wie "die Wurzel" bedeutet. Der Artname officinalis bedeutet wohl, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt, denn "officinalis" bedeutet: in den Apotheken gebraucht.

Letzte Änderung: 28.04.2024 / © W. Arnold