Gemeiner Beifuss - Artemisia vulgaris
Beifusskraut hat keine anerkannte medizinische Anwendung und wird heute nur noch selten verwendet. Beifussblätter und -knospen können (fein zerrieben) zu fetten, schweren Fleischgerichten verwendet werden.
Artemisia vulgaris (syn. Artemisia lactiflora, A. samamisica);
Gemeiner Beifuss (syn. Gewürzbeifuss).
VORKOMMEN
Beifuss ist ein typisches „Hackfrucht-Unkraut“ und verbreitete sich vermutlich zusammen mit dem neolithischen Ackerbau. In Mitteleuropa findet er sich seit der Bandkeramik. Die ursprüngliche Verbreitung des Beifuss ist heute nicht mehr zu bestimmen, nachdem er durch den Menschen über fast alle nördlichen Gebiete der Erde verbreitet wurde. Auf nährstoffreichen Böden, vor allem Ruderalfluren, kommt der Beifuss wild vor.
MERKMALE
Die ausdauernde krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen von 60 Zentimeter
bis zu 2 Meter. Die meist aufrechten Stängel sind höchstens spärlich
behaart. Die fiederteiligen Laubblätter sind derb, meist 2,5 bis 5
(selten bis zu 10) Zentimeter lang und 2 bis 3 Zentimeter breit. Die
Blattoberseite ist grün, die Unterseite auf Grund von Behaarung
grau-weisslich.
In endständigen, rispigen Blütenständen stehen viele körbchenförmige
Teilblütenstände zusammen. Die unscheinbaren, weisslich-grauen,
gelblichen oder rotbraunen Blütenkörbchen weisen eine Höhe von 2,5 bis
3,8 Millimeter und einen Durchmesser von 2 bis 3 Millimeter auf.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Artemisiae herba (syn. Herba Artemisiae); Beifusskraut (syn. Jungfernkraut, Johanniskraut, Weibergürtelkraut), die getrockneten, während der Blütezeit gesammelten Zweigspitzen.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Die wichtigsten Inhaltsstoffe im Kraut des Beifuss sind die Sesquiterpenlactone, die für den bitteren Geschmack verantwortlich sind, und bis zu 0,2 % komplex zusammengesetztes ätherisches Öl. Der Beifuss enthält folgende Stoffklassen/Stoffe:
- Ätherisches Öl: Hauptbestandteile sind Kampfer, Thujon, 1,8-Cineol und Linalool
- Sesquiterpenlactone: Vulgarin, Psilostachyin
- Flavonoide: Quercetin, Rutin
- Hydroxycumarine: Umbelliferon, Aesculetin
- Polyine, Triterpene, Carotinoide
PHARMAKOLOGIE
Beifuss wird phytotherapeutisch eingesetzt. Einige Inhaltsstoffe (beispielsweise Thujon) sind giftig und machen längere Anwendungen oder hohe Gaben bedenklich. Wegen der Giftigkeit seines ätherischen Öles wird vor der Verwendung des Beifusses in der Aromatherapie gewarnt.
ANWENDUNG
Kommission E:
Beifusskraut wird bei Erkrankungen und Beschwerden im Bereich des
Magen-Darm-Traktes, Koliken, Durchfall, Obstipation, Krämpfen,
Verdauungsschwäche, zur Anregung der Magensaft- und Gallensekretion, als
Laxans bei Fettleibigkeit und als "Hepaticum", ferner bei Wurmbefall,
Hysterie, Epilepsie, dauerndem Erbrechen, Krämpfen bei Kindern,
Menstruationsstörungen und unregelmässiger Periode, zur Förderung der
Durchblutung sowie als beruhigendes Mittel angewendet.
Beifusswurzel wird bei Schwächezuständen sowie als Tonikum, in
Kombinationen zusätzlich u. a. bei Psychoneurosen, Neurasthenie.
Depressionen. Hypochondrie, vegetativen Neurosen, allgemeiner
Reizbarkeit und Unruhe, Schlaflosigkeit und bei Angstzuständen
angewendet.
Die Wirksamkeit von Beifusszubereitungen bei den beanspruchten Anwendungsgebieten ist nicht belegt.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Beifusskraut wird heute nur noch selten verwendet. Da die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten nicht belegt ist, kann eine therapeutische Verwendung nicht befürwortet werden.
Früher wurde Beifusskraut in Teemischungen zur Menstruationsförderung verwendet, meistens in Kombination mit Hirtentäschel, Schafgarbe, Weinraute, Ringelblume, Fenchel und Thymian. Diese Anwendung ist heute obsolet.
STATUS
- Kommission E: - negative Bewertung!
- ESCOP: - nicht bearbeitet
- HMPC: - nicht bearbeitet
HOMÖOPATHIE
Artemisia vulgaris HAB1, die frischen, zu Beginn des Winters geernteten, unterirdischen Teile.
Anwendungsgebiet: unter anderem bei Krampfleiden und Wurmbeschwerden.
GEMEINER BEIFUSS IM GARTEN
Der winterharte Beifuss ist eine Pionierpflanze und kommt mit allen
Bodenarten zurecht, am liebsten hat er aber sandige, kalkhaltige und
trockene Böden. Er liebt einen sonnigen bis halbschattigen Standort.
Am besten geeignet für den Anbau im Garten sind Jungpflanzen
aus der Gärtnerei. Einmal angesiedelt wird sich der Beifuss von selber
vermehren. Der gemeine Beifuss ist eine sehr robuste Pflanze, die in
jeden Heilpflanzengarten gehört.
SONSTIGES
Beifuss galt im Mittelalter als sehr wirksames Mittel gegen und für Hexerei. Beigemischt war es Bestandteil vieler sogenannter magischer Rezepturen. Die Germanen trugen zu Johanni geernteten Beifuss zu einem Gürtel geflochten um den Körper. Der Johannis- oder Sonnwendgürtel sollte gegen Zauberei und böse Dämonen schützen. Am Dachfirst mit den Spitzen nach unten geheftet, wehrt Beifuss angeblich Blitze ab und hält Seuchen fern. Ähnliches gilt für die Thorellensteine oder auch Narrenkohle genannt, die man dem Glauben nach am Johannestag an den Wurzeln der Pflanze findet.
Der Beifuss ist das erste der neun Kräuter in dem altenglischen Text Nine Herbs Charm.
Letzte Änderung: 14.01.2024 / © W. Arnold