Roter Fingerhut - Digitalis purpurea
Die Blätter des Roten Fingerhutes und die daraus isolierten Cardenolide sind stark wirksame Arzneimittel und dürfen phytotherapeutisch nicht verwendet werden. Die Cardenolide werden aus den Blättern gewonnen und als Fertigarzneimittel für die Behandlung einer Herzinsuffizienz und von Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Der Rote Fingerhut ist eine Giftpflanze - es dürfen keine Tees oder andere Zubereitungen aus der Pflanze zubereitet werden. In der Alternativmedizin wird der Rote Fingerhut noch häufig verwendet.
Digitalis purpurea L. (syn. Digitalis speciosa, Digitalis thapsi);
Roter Fingerhut (syn. Fingerhut, Fingerkraut, Unserer-lieben-Frauen-Handschuh, Waldglöckchen).
VORKOMMEN
Der auffallend schöne Rote Fingerhut ist in Westeuropa sowie dem westlichen Süd-, Mittel- und Nordeuropa und in Marokko beheimatet. In Nord- und Südamerika ist die Pflanze gebietsweise eingeschleppt.
Der Rote, Fingerhut wächst oft in Massenbeständen auf Kahlschlägen und in Waldlichtungen und bevorzugt stickstoffreiche, kalkarme Böden. Die roten, innen dunkel gefleckten Blüten ähneln einem Fingerhut. Sie bilden lange Trauben, die von unten nach oben blühen. Jede Traube besteht aus 50 bis 200 Blüten. Bestäubt werden diese hauptsächlich von Hummeln. Kommen jedoch keine Insekten zur Bestäubung, dann können sich die Blüten auch selbst bestäuben. Aus den Samen wächst zunächst eine Rosette großer Blätter heran, aus der sich erst im darauffolgenden Jahr der Blütenspross entwickelt. Danach stirbt die Pflanze in der Regel ab. Bisweilen treibt aber aus der Rosette ein neuer Blütenstengel.
Ich halte 3 weitere Digitalis-Arten als Zierpflanze im Garten: Digitalis lanata (Wolliger Fingerhut), Digitalis lutea (Gelber Fingerhut) und Digitalis grandifloria (Grossblütiger Fingerhut).
MERKMALE
Die aufrechte, behaarte Pflanze ist meist unverzweigt. An der Basis bilden die ei-lanzettlichen, unterseits graufilzigen und am Rand etwas gekerbten Blätter eine Rosette. Sie sind an ihrem Stiel geflügelt. Die hellpurpurroten Blüten sind innen dunkel punktiert und gefleckt. Die Punkte und Flecken sind von einem weissen Hof umgeben. Der Saum der Kronröhre ist undeutlich und ungleich fünflappig. Der Rote Fingerhut wird bis zu 150 cm hoch und blüht normalerweise von Juni bis August.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Digitalis purpureae folium (syn. Folia Digitalis purpureae);
Digitalis-purpurea-Blätter (syn. Digitalisblätter, Fingerhutblätter), die getrockneten Blätter.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Ceardenolidglykoside (bis ca. 0,6 %). Es wurden mehr als 30 Vertreter,
vor allem Purpureaglykoside A und B, Digitoxin, Gitoxin, Gitaloxin und
Verodoxin gefunden. Die entsprechenden Aglyka sind Digitoxigenin,
Gitoxigenin und Gitaloxigenin. Es ist kein Digoxin vorhanden, dieses ist in Digitalis lanata zu finden. Im Weiteren sind etwa 1 % Digitanolglykoside und bis 1 % Steroidsaponine vorhanden.
PHARMAKOLOGIE
Siehe hierzu den Beitrag zu digitalis lanata.
ANWENDUNG
Die Droge selber wird kaum noch angewendet wegen der Beeinflussung der Wirkung der Cardenolidglykoside durch Begleitsubstanzen und der geringen therapeutischen Breite (starke Giftwirkung der Cardenolide!). Ausserdem ist wegen der ungenügenden Reproduzierbarkeit bei der Herstellung der Zubereitungen die Anwendung heute weitgehend obsolet. Es kommen die entsprechenden Reinglykoside (Digitoxin und Gitoxin) zum Einsatz.
Herzglykoside regen den geschwächten Herzmuskel an, sich wieder stärker zusammenzuziehen. Im therapeutischen Einsatz von Digitalis steht der die Herzfrequenz senkende Effekt von Digitalis immer mehr im Vordergrund gegenüber der Stärkung der Herzleistung.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Giftpflanze! - Es sollen ausschliesslich Fertigarzneimittel (nach Absprache mit dem Arzt) verwendet werden. Die Blätter oder andere Pflanzenteile dürfen nicht als Tee zubereitet oder in einer anderen Form verwendet werden.
STATUS
Die aus Digitalis-purpurea-Blätter isolierten Cardenolide sind sehr stark wirksame Arzneimittel und dürfen phytotherapeutisch nicht verwendet werden. Aus diesem Grunde wurde Digitalis weder vom HMPC, noch von der ESCOP und der Kommission E bearbeitet.
HOMÖOPATHIE
Digitalis purpurea - die frischen Blätter einjähriger Pflanzen.
Anwendungsgebiete: Herzschwäche.
ROTER FINGERHUT IM GARTEN
Der Rote Fingerhut liebt einen hellen und sonnigen Standort, gedeiht jedoch auch im Halbschatten noch gut. Der Fingerhut ist nicht besonders anspruchsvoll und bevorzugt lockere, mit Humus versetzte, eher saure Erde. Im Juli und August werden die Fingerhutsamen direkt ins Beet ausgesät und mit wenig Erde bedeckt. Jungpflanzen können in jeder Kräutergärtnerei gekauft werden. Der Rote Fingerhut wird sich durch Selbstaussaat der herabfallenden Samen selbst Vermehren. Die schöne Pflanze ist ein Blickfang für jeden Garten.
SONSTIGES
Den Sagen nach wurde der Fingerhut vom Elfenvolk als Kopfbedeckung verwendet. Die Blüten wurden von böse Feen den Füchsen als Handschuhe geschenkt, damit diese lautlos die Hühnerställe plündern konnten. Die spezielle Zeichnung der Blüten soll daher von den Fingerabdrücken der unglückbringenden Feen herrühren.
Letzte Änderung: 01.04.2024 / © W. Arnold