Sauerdorn, Berberitze - Berberis vulgaris
Die Berberitze hat keine anerkannte medizinische Anwendung. Die Berberitzenwurzelrinde wird ausschliesslich in der Volksheilkunde bei Leberfunktionsstörungen und Gallenleiden verwendet. Allgemein ist vom Gebrauch abzuraten.
Berberis vulgaris L. (syn. Berberis canadensis dumetorum, Berberis chinensis, Berberis irritabalis, Berberis serrulata);
Berberitze (syn. Essigbeere, Sauerdorn).
VORKOMMEN
Die Berberitze kommt in West-, Mittel- und Südeuropa natürlich vor. Kein natürliches Vorkommen findet sich auf den britischen Inseln und Skandinavien. Nach Osten reicht die Verbreitung bis zum Kaukasus. In den Alpen steigt die Berberitze bis in 2500 Meter Seehöhe. Durch Kultivierung und nachfolgende Verwilderung heute auch in anderen Regionen der Erde anzutreffen. Die Berberitze bevorzugt kalkhaltige, trockene bis mässig feuchte Standorte und gedeiht sowohl an voller Sonne als auch im Halbschatten. Der Strauch bevorzugt Waldränder, Gebüsche und lichte Auen.
Neben weiteren Sträuchern wie z.B. Weissdorn, Faulbaum, Holunder, Sanddorn oder Weiden gehört die Gemeine Berberitze (keine Zuchtformen!) in jeden Naturgarten.
MERKMALE
Berberis vulgaris ist ein sommergrüner, mit Blattdornen bewehrten Strauch mit gezähnten Blättern. Er kann Wuchshöhen von bis zu 3 Metern erreichen. Die Zweige weisen ein- bis siebenteilige Dornen (umgewandelte Blätter der Langtriebe) auf, aus deren Achseln Laubblätter an Kurztrieben entspringen. An der Sprossbasis werden drei- und mehrteilige, an der Sprossspitze nur einteilige Dornblätter ausgebildet. An Schösslingen lässt sich anhand von Übergangsblättern die Entstehung der Dornblätter aus normalen Laubblättern verfolgen. Die Rinde ist äusserlich gelbbraun bis grau, innerlich leuchtend gelb. Die gelben, dreizähligen Blüten sind in hängenden, 5 bis 7 cm langen Trauben angeordnet. Die Berberitze blüht vom April bis in den Juni. Die länglichen Beeren sind bis zu 12 mm lang und zur Reife im Oktober blutrot gefärbt.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Berberidis radicis cortex (syn. Cortex Berberidis radicis);
Berberis-vulgaris-Rinde (syn. Berberitzenrinde, Berberitzenwurzelrinde, Sauerdornwurzelrinde).
Berberidis fructus (syn. Baccae Berberidis vulgaris); Berberitzenfrüchte (syn. Sauerdornfrüchte, Berberitzenbeeren, Sauerdornbeeren, Saurachbeeren).
Die Beeren werden in der Volksheilkunde bei Lungen-, Leber- und Milzleiden, die frischen Beeren als Kompott, Konfitüre oder Marmelade verarbeitet.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
In der Berberitzenwurzelrinde:
Benzylisochinolinalkaloide (bis zu 6 % Protoberberine,
z.B. Berberin, Columbamin, Palmatin), Bisbenzylisochinolinalkaloide (Berbamin, Oxyacanthin, Magnoflorin).
PHARMAKOLOGIE
Mit Ausnahme der Beeren ist die ganze Pflanze giftig, besonders die
Wurzel; der Alkaloidgehalt von zirka 15 Prozent ist in der Wurzelrinde
am grössten. Die Beeren sind geniessbar, auch das Fruchtfleisch und die
Samen dieser Berberitzen-Art enthalten keine Alkaloide.
Vergiftungserscheinungen sind: Übelkeit, Erbrechen,
Durchfall, Nierenreizung, Nephritis. Nach Literaturangaben waren
vorwiegend Ein- bis Fünfjährige in den Monaten Mai bis Januar betroffen,
nur bei 10 Prozent der Kinder traten Symptome im Magen- und Darmbereich
auf.
ANWENDUNG
Die Wurzelrinde wird in der Volksheilkunde bei
Leberfunktionsstörungen, Gallenleiden, Gelbsucht, Milzleiden; bei
Verdauungsbeschwerden, Diarrhoe; bei Hämorrhoiden, Nierensteinen, Gicht,
Rheuma und Arthritis verwendet.
Allgemein ist vom Gebrauch abzuraten.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Berberitzenwurzelrinde am besten als Tinktur oder als Fertigprodukt, meist als Gallentherapeutika.
Produkte mit Berberitze (CH):
- Lapidar 12, Tabletten (Kräuterpfarrer Künzle AG)
- Bilifuge, Tropfen (Medicoss AG)
Die roten Früchte sind weitgehend frei von Berberin und Berbamin und daher essbar. Sie sind sehr vitaminreich und schmecken säuerlich. Traditionell werden sie in Europa zur Konfitürenbereitung genutzt. Getrocknet werden sie wie Rosinen z. B. in Müsli gegessen.
STATUS
- Kommission E: - negative Bewertung
- ESCOP: - keine Bearbeitung
- HMPC: - keine Bearbeitung
HOMÖOPATHIE
In homöopathischen Hustentropfen oft kombiniert mit z.B. Zaunrübe, Echinacea, Eukalyptus, Pfefferminze und Thymian.
BERBERITZE IM GARTEN
Die Berberitze bzw. der Sauerdorn ist ein robustes, winterhartes Gehölz mit vielen Dornen, die an den Stängeln und Ästen zu finden sind.
Sie gedeihen auf fast allen durchlässigen Böden- unter sauren, neutralen oder alkalischen Bedingungen. Nur staunasse Böden sind ungeeignet. Vor dem Pflanzen sollte daher bei zu feuchten Standorten die Dränage verbessert werden. Trockenzeiten von kurzer Dauer übersteht die Berberitze problemlos, so dass man sie auch nahe einer Mauer setzen kann.
Jungpflanzen kriegen sie in jeder guten Gärtnerei in Töpfen, achten sie darauf dass sie die gemeine Berberitze (Berberis vulgaris) anpflanzen. Sie ernährt deutlich mehr einheimische Insekten, Vögel und Säugetiere als die asiatische Heckenberberitze oder andere Zuchtformen. Die Berberitze kann wegen ihren Stacheln unangenehm sein - ich habe sie im Garten an einen etwas unzugänglichen Ort gepflanzt.
Wenn die Pflanzen gut angewachsen sind, benötigt die robuste Pflanze nur noch wenig Pflege. Die echte oder gemeine Berberitze wird leider immer seltener, es werden immer mehr Zuchformen angepflanzt.
SONSTIGES
Im 16. Jahrhundert waren für Berberis vulgaris die Bezeichnungen Erbsal, Saurach oder Essigdorn gebräuchlich. Der Name Sauerdorn tauchte im 18. Jahrhundert in der Oeconomischen Encyclopädie von Johann Georg Krünitz (1728–1796) auf. Auch Krünitz beschrieb kernlose Sauerdornfrüchte, die bei älteren Sträuchern vorkommen sollen. Auch meinte er, man bekomme nach Verjüngen des Strauches wieder Früchte mit Kernen. Sorten mit weissen Früchten beschrieb Krünitz als „Berberis fructu albo“, heute als Sorte ‘Alba’ bekannt. Im Ägypten des Altertums wurde eine Mischung von aufgequollenen Sauerdornbeeren und Fenchelsamen zur Bekämpfung von Fieber eingesetzt. Bei Durchfall empfahl Plinius in seinem XXIV. Buch über Arzneimittel von den wilden Bäumen frische oder getrocknete Früchte – in Wein gekocht – einzunehmen.
Letzte Änderung: 15.01.2024 / © W. Arnold