Sumpfporst - Rhododendron tomentosum
Rhododendron tomentosum (Syn.: Ledum palustre L., Rhododendron palustre (L.);
Sumpfporst (syn. Porschkraut, Wilder Rosmarin, Mottenkraut, Porst).
VORKOMMEN
Den Sumpfporst findet man in Mittel- und Nordeuropa, Nordasien sowie Nordamerika. Auf Hochmooren kann er manchmal grosse Bestände bilden. Der Sumpfporst ist beispielsweise eine ortstypische Pflanzenart in der Böhmisch-Sächsischen Schweiz und gehört in Tschechien zu den geschützten Arten.
MERKMALE
Der Sumpfporst ist ein immergrüner Strauch, der Wuchshöhen von bis zu 1,5 Meter erreicht. Die ausladenden Zweige sind rostbraun und filzig behaart. Der Sumpfporst verbreitet aufgrund seiner ätherischen Öle einen eigentümlich harzigen bis kampferartigen Geruch. Die derben, lederigen Laubblätter sind lanzettförmig, am Rande eingerollt und an der Unterseite dicht rostfarben oder rotbraun filzig behaart. Die Blütezeit reicht von Mai bis Juli. In einem endständigen, doldigen Blütenstand sitzen die Blüten. Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig. Die fünf weissen bis rosaroten Kronblätter sind 5 bis 25 mm lang und nur an ihrer Basis verwachsen. Es sind zehn Staubblätter vorhanden. Die hängenden, unscheinbaren, eiförmigen Kapselfrüchte sind 3,5 bis 4 mm gross, öffnen sich von ihrem oberen Ende ausgehend und entlassen zahlreiche längliche Samen. Die Früchte sind zwischen Juli und August reif.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Ledi palustris herba (syn. Herba Anthos silvestris, Herba Rosmarini silvestris, Herba Ledi palustris, Ledum);
Porstkraut (syn. Sumpfporstkraut, Wilder Rosmarin, Mottenkraut), das getrocknete Kraut.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Die Droge enthält 0,3 bis 2,5 % ätherisches Öl (Porschöl) mit Ledol (Ledum- oder Porschcampher), dem isomeren Palustrol, allo-Aromadendren und Myrcen als Bestandteil; im weiteren bis zu 17 % Catechingerbstoffe, Quercetin, Hyperosid, ein Flavonol, Arbutin, Wein-, Äpfel-, Citronen-, Oxalsäure, Spuren von Alkaloiden und glykosidisch gebundene Aromastoffe.
PHARMAKOLOGIE
Ledol wirkt örtlich stark reizend, erzeugt daher oral genommen vom Magen aus reflektorisch Erbrechen und Gastroenteritis. Resorptiv bewirkt Ledol erst zentrale Erregung, anschliessend Lähmung.
ANWENDUNG
Angaben der Kommission E:
- Anwendungsgebiete:
Sumpfporstkraut wird bei Rheuma und Keuchhusten, ferner als Emeticum, Diaphoreticum und als Diureticum angewendet.
Die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten ist nicht belegt. - Risiken:
Vergiftungen mit Sumpfporstkraut infolge meist missbräuchlicher Anwendung z.B. als Abortivum werden wiederholt berichtet.
Das ätherische Öl bewirkt oral aufgenommen eine heftige Reizung des Magen-Darm-Traktes mit Erbrechen und Diarrhoe sowie eine Reizung bzw. Schädigung der Nieren und ableitenden Harnwege. Daneben werden Schweissausbrüche, Muskel- und Gelenkschmerzen, zentrale Erregung mit rauschartigen Zuständen und anschliessender Lähmung beschrieben.
Zur Toxizität geringer Dosen Sumpfporstkraut liegen keine Untersuchungen vor. Während der Schwangerschaft ist die Anwendung von Sumpfporstkraut kontraindiziert. - Bewertung:
Da die Wirksamkeit von Sumpfporstkraut-Zubereitungen nicht belegt ist, kann angesichts der Risiken eine therapeutische Anwendung nicht vertreten werden. - Wirkungen:
Reizung von Haut und Schleimhaut. Experimentell: Motilitätshemmend. Verlängerung der Schlafzeit nach Barbiturat- und Äthanolgabe. Antitussiv; antiphlogistisch.
Die Pflanze hat in der Homöopathie eine gewisse Bedeutung und wird bei Insektenstichen (einschl. Zeckenstich), Rheuma, Arthritis und Gicht sowie gegen Keuchhusten, Ausschläge und einige Hautkrankheiten wie Krätze eingesetzt. So ist Sumpfporst z.B. ein Bestandteil in Mundipur (homöopathisch-spagyrische Tropfen), neben z.B. Berberitze, Zaunrübe, Herbstzeitlose, Artischocke und Teufelskralle.
In der Volksheilkunde äusserlich in der Wundbehandlung und gegen Insektenstiche, innerlich als Galaktagogum (Mittel, das die Milchabsonderung bei Wöchnerinnen fördert) und Abortivum, früher auch als Narkotikum.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Einzelgabe 0,5 bis 1,5 g, Tagesgabe max. 15 g. Die Anwendung ist heute obsolet.
STATUS
- Kommission E: - negative Bewertung
- ESCOP: - keine Bearbeitung
- HMPC: - keine Bearbeitung
HOMÖOPATHIE
Ledum palustre HAB 1; Sumpfporst, die getrockneten Zweige.
Anwendungsgebiet: Gicht und Gelenkrheumatismus, Verstauchungen,
Stich- und Bissverletzungen, Keuchhusten und andere Entzündungen der
Atemwege, Haut- und Schleimhautblutungen.
SUMPFPORST IM GARTEN
Will man den Sumpfporst im Garten halten, dann gibt man ihm einen
halbschattigen Platz in einem Moorbeet. Er begnügt sich auch in der Rhododendronrabatte
mit einem kalkfreien, leicht sauren Bodensubstrat. Jungpflanzen sind in jeder guten Gärtnerei zu haben.
SONSTIGES
Der Gattungsname stammt vom griechischen lédon, lédos (Wollstoff) ab und bezieht sich auf die filzigen Blätter. Der Artname palustre vom lateinischen palus (Sumpf) weist auf den bevorzugten Standort der Pflanze hin.
Einer der frühesten Nachweise über die Verwendung von Porst als
Brauzusatz fand sich in einer bronzezeitlichen Bestattung aus dem 15.
Jahrhundert v. Chr. aus Egtved, Dänemark. Bis in die frühe Neuzeit wurde
Sumpfporst, manchmal vermischt mit dem aromatischen Gagel, zum Brauen
der sogenannten Grutbiere verwendet.
Man benutzte ihn auch gegen Motten, Läuse und Krätze durch Abreiben, wobei es ebenfalls zu leichten Vergiftungen kam.
Letzte Änderung: 24.04.2024 / © W. Arnold