Mutterkraut - Tanacetum parthenium
Die anerkannte medizinische Anwendung von Mutterkraut ist die Migräneprophylaxe. Es muss dazu regelmässig und über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Das Kraut soll nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden.
Tanacetum parthenium (syn. Anthemis colala, Chrysanthemum parthenium, Matricaria parthenioides, Pyrethrum parthenium);
Mutterkraut (syn. Bertram, Falsche Kamille, Fieberkraut, Jungfernkraut, Knopfkamille, Matram, Metram, Mettram, Mutterkamille, Römische Kamille, Sonnenauge).
VORKOMMEN
Das Mutterkraut ist eine alte Heilpflanze und wurde schon in der griechischen Antike zur Erleichterung der Geburt und bei Frauenleiden angewandt. Als Zierpflanze mit gefüllten Köpfchen kultiviert man sie häufig in Bauerngärten. Gelegentlich wächst das Mutterkraut verwildert in der Nähe von Siedlungen. Das Mutterkraut wächst auf Schuttplätzen, entlang von Hecken und Zäunen, in Wäldern und Gebüschen.
MERKMALE
Das Mutterkraut ist eine ausdauernde krautige Pflanze und erreicht
Wuchshöhen von 30 bis 80 Zentimeter. Die Pflanze riecht stark aromatisch
(etwas nach Kamille), hat aber nicht gerade einen angenehmen Geruch.
Die aufrechte Pflanze hat etwas behaarte Stengel, die oben
verzweigt sind und mit ihren Köpfchen einen doldenartigen Blütenstand
bilden. Die gelbgrünen, wechselständigen Blätter sind tief in drei bis
sieben Paare ziemlich tief geteilter, eiförmiger Blättchen geteilt. Dazu
kommt noch ein ebenfalls stark gelapptes Endstück. Die Hülle der
Köpfchen ist halbkugelig und besteht aus mehreren Reihen behaarter,
grüner, am Rand häutiger und zerschlitzter Hüllblätter. Die breiten,
rundlichen bis eiförmigen Zungen der Randblüten sind kürzer als die
Hülle des Köpfchens. Das Mutterkraut blüht bei uns von Juni bis August.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Chrysanthemi parthenii herba (syn. Parthenii herba, Herba Parthenii); Mutterkraut.
Handelsdroge stammt vor allem aus Kulturen in Spanien, England. Die Qualität des Mutterkrauts (Tanaceti parthenii herba) ist im Europäischen Arzneibuch festgelegt.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Wie bei anderen Korbblütlern sind die oberirdischen Teile von Tanacetum parthenium vor allem reich an Mono- und Sesquiterpenen. Es sind über 30
Sesquiterpene, 11 Monoterpene und 6 Spirofurane sowie 5
Sesquiterpenlactone bekannt. Charakteristisch sind die Sesquiterpene
Germacren D und β-Farnesen. Das am häufigsten vorkommende Monoterpen ist
Campher.
Ätherisches Öl:
Das starke Aroma ist im wesentlichen auf den Gehalt an
Campher und Chrysanthenylacetat zurückzuführen. Die Droge entält etwa
0.15 % ätherisches Öl. Mit modernen Analysenmethoden (GC-MS/MS) lassen
sich über 40 Verbindungen nachweisen. Wesentliche Bestandteile sind
(1S)-(-)-Campher (ca. 40 %) und trans-Chrysanthenylacetat (ca. 22 %)
neben Camphen (ca. 5 %), Germacren D (ca. 4.5 %), p-Cymen (ca. 3 %),
Terpinen-4-ol, Linalool, Bomeol und y-Terpinen.
Sesquiterpenlactone (Germacranolide, Eudesmanolide und Guaianolide):
Alle Sesquiterpenlactone sind durch eine α-Methylenbutyrolacton-Gruppe als Bestandteil ihrer Struktur gekennzeichnet:
- Germacranolide:
Dominierender Bestandteil mit 25 bis zu 80 % des Gesamtgehaltes an Sesquiterpenlactonen Parthenolid, welches in den getrockneten Blättern einen Gehalt von 1 % erreichen kann. Parthenolid spielt auch als Kontaktallergen eine Rolle.
- Eudesmanolide:
z.B. 1β-Hydroxyarbusculin, 8β-Hydroxyreynosin und Reynosin, ferner Costinsäuremethylester. - Guaianolide:
Je nach Varietät vor allem Canin oder Artecanin.
Flavonoide:
Hauptkomponenten sind Apigenin- und Luteolinderivate,
vor allem die wasserlöslichen Flavonglykoside Apigenin-7-glucuronid und
Luteolin-7-glucosid.
PHARMAKOLOGIE
Die enthaltenen Parthenolide hemmen die Bildung von Prostaglandinen
sowie die Freisetzung von Serotonin aus den Blutplättchen, was eine Erklärung für das verhindern von Migräneanfällen sein könnte.
Parthenolide werden
auch als mögliche Grundlage eines neuen Medikamentes gegen
Leukämie angesehen.
Neue Studien zeigen (siehe Links), dass Mutterkraut die Regeneration von geschädigten Nervenfasern fördert. Diese, mit Parthenolid durchgeführten Versuche, sind für eine mögliche klinische Anwendung am Menschen mit Nervenleiden sehr vielversprechend. Bis heute gibt es in der Klinik noch keine Medikamente, die Ähnliches bewirken können.
ANWENDUNG
Anerkannte medizinische Anwendung:
- ESCOP: zur Migräneprophylaxe
- HMPC: Mutterkraut wurde als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Mutterkraut kann zur Prophylaxe von Migräne verwendet werden, wenn ärztlicherseits keine Bedenken bestehen.
Mutterkraut kann Migräneanfällen vermindern, wenn das Kraut über mehrere Wochen regelmässig eingenommen wird. Wechselwirkungen sind kaum bekannt und als Nebenwirkungen sind allenfalls leichte Magen-Darm-Beschwerden zu erwarten.
Volksmedizinische Verwendung
Das Mutterkraut wurde schon im Alterum bei Frauenleiden (parthenos = Junfrau) angewendet. In England auch bei Fieber ("feverfew") verwendet. In Mitteleuropa bei Migräne, Kopfschmerzen, drohender Fehlgeburt, Zahnschmerzen und gegen Insektenstiche.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Mutterkraut ist als Offenware in Apotheken und Drogerien erhältlich. Das pulverisierte Mutterkraut direkt einnehmen (Tagesdosis 100 mg). Die Einnahme in Dragees oder Tabletten ist auch möglich, allerdings sind in der Schweiz keine entsprechenden Produkte erhältlich. Die Bereitung eines Teeaufgusses ist nicht sinnvoll, da die Inhaltsstoffe des Mutterkrauts nicht in den Tee übergehen.
STATUS
- Kommission E: - keine Bearbeitung
- ESCOP: - positive Bewertung
- HMPC: - als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (Tanaceti parthenii herba)
MUTTERKRAUT IM GARTEN
Das Mutterkraut wird aus Setzlingen oder Samen gezogen. Einmal im Garten
vorhanden wird sich die Pflanze von selbst aussäen. Mutterkraut ist
pflegeleicht und genügsam und wächst fast überall, bevorzugt aber ein
halbschattiges Plätzchen und einen durchlässigen sowie alkalischen
Boden.
Das Mutterkraut gehört in jeden Heilpflanzen- oder
Bauerngarten, kann aber auch sonst überall kultiviert werden. Ich pflanze das Mutterkraut zwischen Schafgarbe, Wilden Malven, Beinwell, Sonnenhut, Lavendel und Salbei.
SONSTIGES
Mutterkraut wurde bereits von Dioskurides im 1. Jahrhundert als Heilkraut beschrieben. Im Mittelalter wurde es gegen Fieber und Kopfschmerzen eingesetzt. Der Name kommt von seiner Verwendung bei Schwangerschaftsbeschwerden – es löst die Menstruation aus und fördert die Ablösung der Plazenta.
Letzte Änderung: 25.04.2024 / © W. Arnold