Senna - Senna alexandrina
Zubereitungen aus den Blättern und Früchten von Senna alexandrina haben abführende Eigenschaften und werden zur kurzfristigen Behandlung einer gelegentlichen Verstopfung, für eine Stuhlaufweichung und Darmentleerung eingesetzt.
Senna alexandrina (syn. Cassia angustifolia, C. ligustrina, C. medica, C. medicinalis, , Senna officinalis, Senna angustifolia);
Tinnevelly-Senna (syn. Indische Cassie, Indische Senna).
VORKOMMEN
Vor allem in Ostafrika, Somalia, Arabien bis Süd-Indien in warmen Gebieten. Süd-Indien im Gebiet von Tinnevelly, Ramnad, Madura und Trichonopoly; kleinere Anbaugebiete bei Bombay und Madras; Arabien; Kalifornien.
MERKMALE
Senna ist ein bis 2 m hoher Strauch. Die Blätter sind fünf- bis neunpaarig gefiedert; die Blattspindel ist 7 bis 14 cm lang, die Blättchen sind lineallanzettlich, 1 bis 6 cm lang und 0,3 bis 2 cm breit. Die Blütenstände sind blattachselständige, aufrechte Trauben mit zahlreichen gestielten Blüten. Es sind fünf Kelchblätter vorhanden, die eiförmig-lanzettlich, dachziegelig deckend angeordnet sind. Die fünf Kronblätter sind gelb und braun geadert. Die Hülsen sind flach, etwas nierenförmig, 15 bis 17 mm breit und 4 bis 5,5 cm lang.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Sennae folium (syn. Cassiae folium, Folia Sennae, Folium Sennae); Tinnevelly-Sennesblätter (syn. Indische Sennesblätter), die getrockneten Fiederblätter.
Sennae fructus angustifoliae (syn. Folliculi Sennae, Fructus Sennae angustifoliae); Tinnevelly-Sennesfrüchte (syn. Indische Mutterblätter, Indische Sennesschoten), die getrockneten Früchte.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Die lebenden Pflanzen enthalten die Anthrachinonglucoside Rhein-8-glucosid und Aloeemodin-8-glucosid sowie deren Anthronformen. Die für die Drogen typischen Dianthronglucoside( = Sennoside) kommen in der lebenden Plfanze nicht vor. Die Pflanze verfügt über Enzyme, die die Anthronglucoside zu Dianthronglucosiden oxidieren können. In der lebenden Zelle sind Enzym und Substrat getrennt. Durch das Absterben bei der Ernte wird die Trennung aufgehoben, so dass während des Trocknens bei 20 ° bis 50 °C die Umwandlung der Anthronglucoside in die Dianthronform erfolgt. Sowohl Blätter als auch Früchte enthalten Dianthronglykoside (etwa 3%), darunter die Sennoside A und B; ferner Anthrachinonglykoside wie die 8-Glykoside von Aloe-Emodin und Rhein, Schleimstoffe (10%) und Flavonoide (Kämpferolderivate).
PHARMAKOLOGIE
1,8-Dihydroxyanthracenderivate haben einen laxierenden Effekt. Dieser beruht bei den Sennosiden bzw. ihrem aktiven Metaboliten im Dickdarm, Rheinanthron, vorwiegend auf einer Beeinflussung der Colonmotilität im Sinne einer Hemmung der stationären und einer Stimulierung der propulsiven Kontraktionen. Daraus resultieren eine beschleunigte Darmpassage und auf Grund der verkürzten Kontaktzeit eine Verminderung der Flüssigkeitsresorption. Zusätzlich werden durch eine Stimulierung der aktiven Chloridsekretion Wasser und Elektrolyse sezerniert. Systematische Untersuchungen zur Kinetik von Drogenzubereitungen fehlen, jedoch ist davon auszugehen, dass die in der Droge enthaltenen Aglyka bereits im oberen Dünndarm resorbiert werden. Die β-glykosidisch gebundenen Glykoside sind Prodrugs, die im oberen Magen-Darm-Trakt weder gespalten noch resorbiert werden. Sie werden im Dickdarm durch bakterielle Enzyme in Rheinanthron abgebaut. Rheinanthron ist der laxative Metabolit. Die systemische Verfügbarkeit von Rheinanthron ist sehr gering. Im Tierexperiment werden im Urin <5% in Form der oxidierten, teils konjugierten Produkte Rhein und Sennidine ausgeschieden. Der grösste Teil des Rheinanthrons (>90 wird in den Faeces an Darminhalt gebunden und in Form von polymeren Verbindungen ausgeschieden. Aktive Metaboliten, wie Rhein, gehen in geringen Mengen in die Muttermilch über. Eine laxierende Wirkung bei gestillten Säuglingen wurde nicht beobachtet. Tierexperimentell ist die Plazentagängigkeit von Rhein äusserst gering.
ANWENDUNG
Nach Kommission E bei Verstopfung.
Nach ESCOP: für eine kurzfristige Behandlung bei gelegentlich auftretender Verstopfung.
Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Sennesblättern und Sennesfrüchten zur kurzfristigen Behandlung gelegentlich auftretender Verstopfung als „medizinisch allgemein anerkannt“ akzeptiert.
Als Abführmittel werden Sennesblätter oft kombiniert mit Aloe, Faulbaum, Kümmel und Medizinalrhabarber.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Geschnittene Droge, Drogenpulver oder Trockenextrakte für Aufgüsse, Abkochungen oder Kaltmazerate. Flüssige oder feste Darreichungsformen zur Einnahme.
Soweit nicht anders verordnet: 20-30 mg Hydroxyanthracenderivate/Tag, berechnet als Sennosid B. Die individuell richtige Dosierung ist die Geringste, die erforderlich ist um einen weichgeformten Stuhl zu erhalten.
Diese Dosierung wird durch die Verwendung von ca. 0,75 bis 1,5 g fein geschnittene Sennesblätter oder Sennesfrüchte erreicht. Teebereitung mit ca. 150 mL heissem (nicht siedend) Wasser übergiessen und nach 10 bis 20 Min. abseihen.
In der ayurvedische Medizin wird Senna als Arzneimittel für die Leber verwendet, meist in Kombination mit Schwarzem Nachtschatten, Wegwarte und Schafgarbe.
STATUS
- Kommission E: - positive Bewertung
- ESCOP: - positive Bewertung
- HMPC: - positive Bewertung (Sennae fructus, Sennae folium)
HOMÖOPATHIE
Senna HAB34, die getrockneten Fiederblätter.
Anwendungsgebiete: Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes.
SENNA IM GARTEN
Senna alexandrina kann man als Kübelpflanze relativ leicht kultivieren. Die Pflanze benötigt viel Wärme und einen sehr durchlässigen Boden. Überwintern muss man die Pflanze so hell wie möglich bei etwa 5°C bis 18°C. Wichtig ist (wie bei anderen Kübelpflanzen auch) die Balance zwischen Licht und Temperatur. Ab dem Spätfrühling kann Sie dann in den Garten oder auf die Terrasse gebracht werden.
SONSTIGES
Bis ins Mittelalter fand Senna weniger gegen Verstopfung als vielmehr bei Infektionskrankheiten wie Lepra, Magenerkrankungen und Augenleiden Verwendung. Erst zu Beginn der Neuzeit, im 16. Jahrhundert, gewann die Pflanze ihre Bedeutung als Abführmittel: Paracelsus empfahl Sennesblätter in Kombination mit Lauch und Wermut erstmals als Abführmittel. Es wurde auch vom Graf von Saint Germain als vielseitig einsetzbares Heilmittel propagiert (Saint Germain Tee). Nach Jahrhunderten des traditionellen Einsatzes von anthrachinonhaltigen Pflanzen in der Volksmedizin erbrachten die pharmakologischen und klinischen Studien der letzten hundert Jahre auch den wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis.
Letzte Änderung: 25.04.2024 / © W. Arnold