Küchenschelle - Pulsatilla vulgaris
Die Küchenschelle hat keine anerkannte medizinische Anwendung. In der Volksmedizin hat sie nie viel Verwendung gefunden, was wohl auch auf ihre Eigenschaften als starkes Hautreizmittel zurückzuführen ist. Die Anwendungen soll auf die Homöopathie beschränkt bleiben.
Pulsatilla vulgaris (syn. Anemone acutipetala, P. pulsatilla, P. recta);
Kuhschelle (syn. Ackerschelle, Gemeine Küchenschelle).
VORKOMMEN
Die Küchenschelle ist in Westeuropa sowie in Teilen von Mittel- und Nordeuropa verbreitet. Südlich ist ihr Vorkommen bis an die Alpen, in Schweden bis etwa 60 ° nördl. Breite begrenzt. Die Küchenschelle ist auf warmen, trockenen, basenreichen Stein-, Sand- und Lößböden zu finden. In sommerkühlen Landschaften fehlt die wärmeliebende Pflanze. Die Art ist lichtliebend, ist konkurrenzschwach und verschwindet bei Überdüngung.
MERKMALE
Die Gewöhnliche Kuhschelle ist eine ausdauernde krautige Pflanze. Der Wurzelstock ist bei älteren Pflanzen mehrköpfig und von dunkelbrauner bis fast schwarzer Farbe. Der Stengel der aufblühenden Pflanze ist 5 bis 13 cm, bei Fruchtreife bis zu 50 cm hoch. Die Blütezeit erstreckt sich von März bis April. Die Blüten stehen einzeln auf dem Stengel, bei gutem Wetter aufrecht, bei trübem oder kaltem Wetter nickend. Die Blütenhülle ist mehr oder weniger glockig und meist dunkelviolett. Die Blütenhüllblätter sind oval, 10 bis 20 mm breit und 35 bis 50 mm lang, außen kräftig weiß, seltener gelblich behaart, Die Staubblätter sind zahlreich und werden von den Blütenhüllblättem um mehr als das Zweifache überragt.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
1. Pulsatilla-Frischpflanze - die frischen, oberirdischen Teile während der Blüte.
2. Pulsatillae herba (syn. Herba Pulsatillae) - Kuhschellenkraut.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
1. Pulsatilla-Frischpflanze - Anemonin, Protoanemonin, und Ranunculin (Terpenlacton). In den Wurzeln wurden 1,5 bis 1,9 % Saponine gefunden.
2. Pulsatillae herba - Das in der Pflanze enthaltene Protoanemonin wird beim Trocknen in unbekanntem Umfang abgebaut. Nach älteren Angaben sind andere Glykoside, Gerbstoffe und bis zu 0,75 % Saponine enthalten.
PHARMAKOLOGIE
(Angaben der Kommission E):
Im Tierversuch führt Protoanemonin nach Resorption zuerst zur Erregung,
dann zur Lähmung des ZNS. An Niere und ableitenden Harnwegen treten
Reizerscheinungen auf, diese dürften auf die alkylierende Wirkung von
Protoanmonin zurückzuführen sein. Mit dieser Wirkung steht die
beobachtete Hemmung der Karyokinese und der Mitose in engem
Zusammenhang. Bei der Aufnahme von protoanemoninhaltigen Pflanzen durch
Weidetiere wurden Aborte und teratogene Wirkungen beobachtet. Eine
antiinfektiöse Wirkung ist an Protoanemonin gebunden.
ANWENDUNG
1. Pulsatilla-Frischpflanze - Volkstümliche Anwendungen und andere Anwendungsgebiete:
Bei Spasmen im Genitalbereich, Neuralgien, Migräne und
allgemeinen Unruhezuständen, zur Dämpfung von Nervenreizung und der
Schmerzempfindung. Die Wirksamkeit der Anwendungen ist nicht durch
klinische Studien belegt. Die Frischpflanze sollte nicht verwendet
werden, ausgenommen in homöopathischen Zubereitungen.
2. Pulsatillae herba (Angaben der Kommission E):
Anwendungsgebiete:
Aufgrund des vorhandenen Erkenntnismaterials sind die
beanspruchten Anwendungsgebiete: Erkrankungen und funktionelle Störungen
der Genitalorgane, entzündliche und infektiöse Erkrankungen der Haut
und Schleimhäute. Erkrankungen und Funktionsstörungen des
Magen-Darmtraktes und der ableitenden Harnwege, Neuralgien, Migräne und
allgemeine Unruhezustände aus phytotherapeutischer Sicht nicht belegt.
Risiken:
Bei Anwendung von Zubereitungen aus frischen Pflanzen sowievon
Protoanemonin treten heftige Reizerscheinungen an Haut und Schleimhäuten
mit Jucken, Rötungen und Blasenbildung (Hahnenfußdermatitis) auf. Bei
innerer Anwendung treten bei höherer Dosierung Reizungen der Niere und
der ableitenden Harnwege auf. Bei Schwangeren ist die Anwendung absolut
kontraindiziert.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Die Anwendungen soll auf die Homöopathie beschränkt bleiben.
STATUS
- Kommission E: - negative Bewertung
- ESCOP: - keine Bearbeitung
- HMPC: - keine Bearbeitung
HOMÖOPATHIE
Pulsatilla pratensis HAB 1; Kuhschellenkraut, das zur Blütezeit gesammelte, ganze Kraut.
Anwendungsgebiete: Hautkrankheiten, Krampfaderleiden, Erkältungskrankheiten, Verdauungsschwäche, rheumatische Beschwerden, nervöse Erkrankungen, Verstimmungszustände.
KÜCHENSCHELLE IM GARTEN
Die Küchenschelle liebt einen vollsonnigen und warmen Standort, am
besten noch windgeschützt. Gerne hat die schöne alte Heilpflanze
nährstoffarme, steinige, sandige und kalkhaltige Böden, z.B. in einem
sonnigen Trockenbeet, oder im Steingarten. Die Küchenschelle gedeiht
aber auch in jedem normalen Gartenboden, solange er nicht zu feucht ist.
Küchenschellen mögen keine Wurzelstörung, verzichten sie deshalb auf
das Hacken. Pflanzen Sie die Küchenschelle nicht um und lassen sie die
Pflanze über mehrere Jahre einfach in Ruhe. Die Küchenschelle ist
genügsam, braucht also keine weitere Pflege - nur Nässe schadet der
Pflanze. Jungpflanzen bekommen sie in jeder Gärtnerei. Schmetterlinge
und Bienen schätzen die Pflanze sehr.
Gute Begleitpflanzen sind Thymian und die anspruchsvollen Diptam und Adonisröschen.
SONSTIGES
Pulsatilla als Gattungsname kommt wohl vom lateinischen pulsare (schlagen, läuten), dies als Hinweis auf die Glockenform der Blüten.
Die Bewunderung für die Schönheit der Kuhschelle scheint ein modernes
Phänomen zu sein. Unseren Vorfahren war die Pflanze mit ihrem seidig
glänzenden Schopf, der nach der Blüte als Fruchtstand erscheint, eher
unheimlich. Teufelsbart oder Bocksbart nannte man ihn. Im
Brandenburgischen war man sogar davon überzeugt, dass der Fruchtstand
die Stelle kennzeichnen würde, wo der Jäger eine Hexe aus der Luft
heruntergeschossen habe. In anderen Regionen glaubte man, dass die
jungen Gänschen im Ei ersticken würden, wenn man sich die Kuhschelle ins
Haus holen würde.
Letzte Änderung: 23.04.2024 / © W. Arnold