Lein, Flachs - Linum usitatissimum
Die anerkannte medizinische Anwendung von Leinsamen ist die Therapie bei chronischer Verstopfung und unterstützend bei Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck. Als Schleimzubereitung innerlich kurzfristig bei Gastritis, Magenschleimhautentzündung und Darmentzündung, sowie zur Linderung der Symptome des Reizdarmvsyndroms (Colon irritabile). Äusserlich als heisser Breiumschlag (Kataplasma) bei Hautentzündungen.
VORKOMMEN
Flachs oder Lein ist eine sehr alte Kulturpflanze, von der heute keine Wildformen mehr existieren. Mit Ausnahme der äquatorialen Länder gedeiht Lein weltweit bis über den Polarkreis hinaus. Die Pflanze stellt keine besonderen Ansprüche an den Boden, lediglich Staunässe verträgt er nicht.
MERKMALE
Lein wird bis 80 cm hoch, die Stängel stehen stets einzeln und sind ohne sterile Triebe. Die Blätter sind bis zu 4 cm lang, die Knospen sind aufrecht. Die Kelchblätter sind lang zugespitzt, mit Hautrand und vorn fein bewimpert (Lupe verwenden!). Die Kronblätter sind 12–15 mm lang, die Narben sind keulenförmig und mehr als 0,8 mm lang. Die Frucht ist stets aufrecht.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
1. Lini semen (syn. Semen Lini); Leinsamen (syn. Flachssamen, Flachslinsen, Haarlinsen, Leinwanzen, Hornsamen).
2. Oleum Lini (syn. Lini oleum); Leinöl., erhalten durch kalte Pressung aus reifen zerkleinerten Leinsamen.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
1. Lini semen (Leinsamen)
Die Hauptbestandteile sind:
- 30 bis 45 % fettes Öl (Linolsäure und α-Linolensäure);
- 20 bis 27 % Rohprotein;
- ca. 25 % Gesamtballaststoffe, davon 3 bis 6 % als Schleimstoffe und 4 bis 7 % als Rohfaser;
- 3 bis 5 % Mineralstoffe;
- ca. 0,7 % Phosphatide (Lecithine, Kephaline);
- Phytosterole, Lignan-Vorläufer;
- 0,01 bis 1,5 % Blausäureglykoside (Linustatin, Neolinustatin);
- Enzyme (Linamarase, Linustatinase);
- Vitamine (B1, B2 , B6, E, Nicotinsäure, Folsäure, Pantothensäure);
- Wassergehalt 5 bis 14 % .
2. Oleum Lini (Leinöl)
- Ungesättigte Fettsäuren: 40 bis 60 % Linolensäure, 10 bis 25 % Linolsäure, 13 bis 30 % Ölsäure;
- Gesättigte Fettsäuren: 6 bis 16 % Palmitin- und Stearinsäure;
Der grösste Teil der Fettsäuren liegt in Form der Triglyceride vor (92 %), nur 3 % als freie Fettsäuren und 1 % als Phospholipide.
PHARMAKOLOGIE
Die abführende Wirkung der Leinsamen ist eine Folge der Volumenzunahme und die dadurch verbundene Auslösung der Darmperistaltik durch den Dehnungsreflex; schleimhautschützend durch abdeckende Wirkung.
ANWENDUNG
Anerkannte medizinische Anwendungen:
- Innerlich: Habituelle Obstipation, durch Abführmittelabusus geschädigtes Kolon, Colon
irritabile (Reizdarm), Divertikulitis; als Schleimzubereitung bei Gastritis und Enteritis (Darmentzündung). - Äusserlich: Als Kataplasma bei lokalen Entzündungen.
- Nebenwirkungen: Bei Beachtung der Dosierungsanleitung, d. h. vor allem bei Beachtung einer gleichzeitigen genügenden Menge an Flüssigkeit (1 :10!), sind Nebenwirkungen nicht bekannt.
ESCOP: Sehr ähnliche Beschreibung wie die Kommission E. Vom HMPC wurden Leinsamenschleim als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Angaben der Kommission E (Leinsamen):
Innerlich:
2- bis 3-mal täglich 1 Esslöffel unzerkleinerten oder "aufgeschlossenen" (nicht
geschroteten) Leinsamen zusammen mit jeweils ca. 150 ml Flüssigkeit
einnehmen.
2 bis 3 Esslöffel eines geschroteten bzw. zerkleinerten Leinsamens zur
Zubereitung eines Leinsamenschleimes.
Äusserlich:
30 bis 50 g Leinsamenmehl als feucht-heisses Kataplasma bzw. als feucht-heisse
Kompresse.
STATUS
- Kommission E: - positive Bewertung
- ESCOP: - positive Bewertung
- HMPC: - als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (Lini semen)
HOMÖOPATHIE
Linum usitatissimum HAB; die frischen, oberirdischen Teile blühender Pflanzen.
Anwendungsgebiete: Heuschnupfen, Harnblasenreizung.
LEIN IM GARTEN
Linum usitatissimum mag eine sonnige Stelle und einen tonig-sandigen, durchlässigen
Boden. Auf Lehmböden wächst er schlecht. Der Lein bevorzugt volle Sonne
und viel Wärme, zuviel Regen verträgt er schlecht. Er ist wenig
konkurrenzfähig und im Wachstum vielen Ackerunkräutern unterlegen. Eine
vorherige Unkrautbekämpfung durch jäten ist wichtig, Samen des Leins
werden direkt ins Freiland ausgesät, von Ende März bis Anfang April. Gut
in den Boden einarbeiten. Saattiefe: 2-3 cm. Keimdauer: 1-2 Wochen.
Keinen frischen organischen Dünger geben!
Linum usitatissimum ist wie erwähnt konkurrenzschwach, als Nachbarn eigenen sich (wenn überhaupt) Schlafmohn Schwarzkümmel oder auch das Tausendgüldenkraut.
SONSTIGES
Lein oder Flachs zählt zu den sehr alten Kulturpflanzen und ist bereits im alten Ägypten verwendet worden. Die Hippokratiker benutzten den Lein zu medizinischen Zwecken, Theophrast beschreibt die Verwendung des Schleims im 4. Jh. v.Chr. und Hildegard von Bingen empfahl Lein zu Umschlägen.
Letzte Änderung: 20.04.2024 / © W. Arnold