Gefleckter Schierling - Conium maculatum
Der Gefleckter Schierling ist eine gefährliche Giftpflanze. Heute sind medizinische Anwendungen nicht zu vertreten. Die Anwendung erfolgt ausschliesslich in alternativmedizinischen Arzneimitteln.
Conium maculatum (syn. Cicuta maculata, C.
officinalis, Conium cicuta, C. maculosum, Selinum conium, Sium conium);
Gefleckter Schierling (syn. Bangenkraut, Fleckenschierling, Giftpetersilie,
Mäuseschierling, Stinkender Schierling, Tollkerbel, Tollkraut, Vogeltod,
Ziegendill)
VORKOMMEN
Der Gefleckte Schierling findet sich auf typischen Ruderalflächen wie Schuttplätzen oder Brachen. Er bevorzugt tiefgründigere nahrhafte Lehmböden und gilt als Stickstoffanzeiger. Wegen zahlreicher Todesfälle beim Nutzvieh durch Schierling im Grünfutter wurden Conium-Vorkommen im Freiland durch Landwirte vielerorts gezielt eliminiert.
MERKMALE
Die zweijährige krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen von bis zu 2 Metern. Ihre kahlen Stängel sind hohl, längs gerippt und - ähnlich wie reife Pflaumen - von einer Art blauem Reif überhaucht, im unteren Teil rot gefleckt. Die Laubblätter des Schierlings sind dreifach gefiedert. Ein Blatt bildet optisch ein Dreieck. Die weissliche Wurzel ist spindelförmig. Ein gutes Erkennungsmerkmal ist ein intensiver Geruch nach Mäuseurin. Die zusammengesetzte Dolde weist bis zu 20 Strahlen auf. Sie besitzt an der Basis wie auch an den Döldchen mehrere Hüllblättchen. Die weissen Blüten sind einfach.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Conii herba - (syn. Herba Conii, Herba Conii maculati, Herba Cicutae terrestris);
Schierlingskraut (syn. Bangenkraut, Blutschierlingskraut,
Fleckenschierlingskraut, Mäuseschierlingskraut, Tollkraut,
Ziegenkraut).
Fructus Conii - Schierlingsfrüchte.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
In allen Teilen der Pflanze, besonders reichlich in den unreifen
Früchten, (+)-Coniin, N-Methylconiin und γ-Conicein, daneben wenig
Conhydrin, Conhydrinon, Pseudoconhydrin und 2-Methylconiin.
Alkaloidgehalt der frischen Organe, bezogen auf das Trockengewicht:
Früchte 0,2 bis 2,0 %, höchster Gehalt in den unreifen Früchten, Blätter
0,1 bis 0,5 %, höchster Gehalt während der Blüte, Blüten 0,25%, Stengel
0,06 % und Wurzel 0,05 %. Bei der Entwicklung von Blüten und Früchten
steigt der Gehalt an Coniin und N-Methylconiin auf Kosten des Gehaltes
an γ-Conicein. Der Anteil der einzelnen Alkaloide am Alkaloidgemisch ist
abhängig vom Chemotyp. Es dominieren in den Früchten entweder Coniin,
N-Methylconiin oder γ-Conicein. Auch Klimafaktoren beeinflussen
Alkaloidgehalt und Alkaloidspektrum entscheidend.
Begleitsubstanzen in allen Organen der Pflanze sind unter
anderem Polyine, in besonders hohen Konzentrationen in der Wurzel, z. B.
Falcarinon, Falcarinolon, Furanocumarine, z. B. Bergapten, und
Flavonoide, Diosmin und/oder Luteolin.
PHARMAKOLOGIE
Die Wirkung der Droge wird in der Hauptsache durch das Coniin bestimmt. Coniin wird von Schleimhäuten und der intakten Haut gut resorbiert und entfaltet eine Nicotin- und Curare-ähnliche Giftwirkung, wobei die motorischen Nerven zunächst erregt, später jedoch gelähmt werden. Bei Berührung mit dem Saft der Pflanze kann eine Hautreizung, einhergehend mit Brennen, auftreten. Coniin ist bei der Einnahme durch einen besonders charakteristischen, brennenden Geschmack erkennbar. Im Hals- und Rachenbereich ruft er nach der Einnahme Mundschleimhautreizungen sowie vermehrten Speichelfluss hervor. Schwindel, Atemnot, Bronchialspasmen, Bewusstseinstrübung, Sehstörungen und Lähmungserscheinungen sind weitere Symptome. Der LD-Wert für (+)-Coniin für den Menschen, geschätzt, 10 mg/kg, p. o., das würde bei einem durchschnittlichen Gehalt der unreifen Früchte von 1,0 % und einem Körpergewicht von 50 kg etwa 50 g der Früchte entsprechen. Der Tod tritt nach 0,5 bis 5 Stunden bei vollem Bewusstsein durch Lähmung der Brustkorbmuskulatur ein.
ANWENDUNG
Früher wurde Coniin als Hydrobromid oder Hydrochlorid als äusserliches Schmerzmittel in Einreibungen verwendet. Aktuell sind aufgrund der hohen Toxizität der Substanz keine medizinischen Verwendungen mehr bekannt.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Der Gefleckter Schierling ist eine gefährliche Giftpflanze. Heute sind medizinische Anwendungen nicht zu vertreten.
STATUS
Giftpflanze! - keine Bewertungen von Kommission E, ESCOP und HMPC.
HOMÖOPATHIE
Conium HAB1; Schierling, das frische, blühende Kraut.
Anwendungsgebiet.: Verkalkung von Gefässen, Lähmungen, Drüsenschwellungen, Tumore, Verstimmungszustände.
GEFLECKTER SCHIERLING IM GARTEN
Conium maculatum bevorzugt feuchte bis trockene,
nährstoffhaltige Lehmböden in eher sonniger Lage. Es handelt sich um
eine Zeigerpflanze für stickstoffhaltige Böden. Die wilden Bestände der Pflanze sind im Rückgang begriffen, vor allem durch den Verlust
geeigneter Standorte. Der Gefleckte Schierling ist vielerorts gesetzlich
geschützt.
Als Jungpflanze kaufe ich die zweijährige und winterfeste
Pflanze bei einer Spezialgärtnerei. In meinem Garten hat der der
seltene Gefleckte Schierling einen Stammplatz. Er wächst bei mir in
normalen Gartenboden ohne besondere Pflege.
SONSTIGES
Hört man das Wort „Schierling“,denkt man an den Begriff „Schierlingsbecher“ und damit wird hauptsächlich die Hinrichtung des Sokrates 399 v. Chr. verbunden.
Nur wenn der Verurteilte schnell und schmerzlos getötett werden sollte wurde dem Schierlingsbecher betäubender Extrakt aus Schlafmohn beigegeben.
Der gefleckte Schierling ist leider selten geworden - ich bin stolz die berühmte Giftpflanze im Garten zu haben.
Der Gefleckte Schierling ist auch für die meisten Weidetiere giftig. Deshalb wurde er in vielen Teilen der Schweiz aktiv bekämpft und ist heute nur noch in vereinzelten Beständen vorhanden. Er wird als potentiell gefährdet betrachtet.
Letzte Änderung: 01.03.2024 / © W. Arnold