Schwarzes Bilsenkraut - Hyoscyamus niger


Bilsenkrautblätter haben keine anerkannte medizinische Anwendung. Bilsenkraut ist eine Arznei- und Giftpflanze und enthält stark wirksame Tropanalkaloide (Scopolamin, Hyoscyamin). Diese werden als Reinstoffe in der Medizin verwendet. Abgesehen von der Alternativmedizin spielt das Bilsenkraut heute keine Rolle mehr.

Bilsenkraut, Saukraut, Schlafkraut, Schwarzes Bilsenkraut, Teufelswurz, Tollkraut, Zigeunerkraut.

Hyoscyamus niger (syn. Hyoscarpus niger, Hyoscyamus agrestis, H. auriculatus, H. bohemicus, H. lethalis, H. officinalis, H. pallidus, H. persicus, H. pictus, H. syspirensis, H. verviensis, H. vulgaris).

Bilsenkraut

Schwarzes Bilsenkraut

Bilsenkrautpflanzen

VORKOMMEN

Das Schwarze Bilsenkraut ist in Eurasien und Afrika weit verbreitet: von Skandinavien bis Südeuropa, in Nord- und Westasien, in Nordindien und Nordafrika. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Art sehr zerstreut bis selten im ganzen Gebiet zu finden.
Schwarzes Bilsenkraut wächst in Schuttunkrautgesellschaften, an Wegrändern, Mauern und so weiter. Es bevorzugt frische, nährstoff- und stickstoffreiche Sand- oder Lehmböden.

MERKMALE

Die krautige Pflanze wird meist 30 bis 60 (in Extremfällen bis ca. 170) Zentimeter hoch. Die Wurzel ist spindelförmig und nach oben hin rübenförmig, der Stängel ist klebrig. Die Blätter sind länglich-eiförmig und grob buchtig gezähnt. Die unteren Blätter umfassen den Stängel, die oberen sind schmal gestielt.
Die trichterförmige Blüte ist schmutzig gelblich weiss und violett geadert. Die Blüten sind in den Blattachseln angeordnet.

DROGEN (verwendete Pflanzenteile)

Hyoscyami folium (syn. Folia Hyoscyami, Herba Hyoscyami, Hyoscyami herba, Hyoscyamus);

Hyoscyamusblätter (syn. Bilsenkraut, Bilsenkrautblätter, Hühnertod, Säukraut, Schlafkraut, Tollkraut, Totenblumenkraut, Zigeunerkraut), die getrockneten Blätter.

WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE

Die ganze Pflanze ist sehr stark giftig, besonders aber die Wurzeln und die Samen. Die Blätter sind in Mengen über 0,5 g giftig. Etwa 15 Samen sind für Kinder tödlich.

Hauptwirkstoffe: In den Blättern findet man einen Gesamtalkaloidgehalt von 0,06-0,17 %, in den Wurzeln 0,08 %, in den Samen 0,05-0,3 %. Dazu gehören die Alkaloide: (–)-Hyoscyamin (bei Isolierung entsteht das Racemat Atropin) und (–)-Scopolamin (stellen etwa 40 % der Gesamtalkaloide dar), sowie weitere Alkaloide wie Apoatropin, Cuskhygrin und andere.

Hyoscyamin, Scopolamin

Siehe auch die Tropanalkaloidhaltigen Heilpflanzen Stechapfel, Alraune, Tollkirsche, Engelstrompeten und Glockenbilsenkraut.

PHARMAKOLOGIE

siehe auch Datura stramonium (Stechapfel)

Hyoscyamuszubereitungen wirken als Para­sympathico­lyticum/­Anticho­liner­gicum über eine kompetitive Antagonisierung von Acetylcholin. Dieser Antagonismus betrifft die muskarinähnliche Wirkung des Acetylcholins und nicht die nikotinähnlichen Wirkungen an Ganglien und der motorischen Endplatte. Hyoscyamuszubereitungen entfalten periphere, auf das vegetative Nervensystem und die glatte Muskulatur gerichtete sowie zentralnervöse Wirkungen. Infolge ihrer parasympathicolytischen Eigenschaften bewirken sie Erschlaffung glattmuskulärer Organe, vor allem im Bereich des Gastrointestinaltraktes. Sie lösen fernerhin Zustände zentralnervös bedingten muskulären Tremors. Das Wirkungsspektrum von Hyoscyamus niger zeichnet sich zusätzlich durch eine sedierende Wirkung aus.

Da die Verwendungsmöglichkeit des Bilsenkrauts als Rauschmittel seit langem bekannt ist und sein Ruf als Hexenpflanze es für manche sehr interessant macht, werden immer wieder Selbstversuche mit Extrakten des Bilsenkrauts vorgenommen. Da jedoch einerseits die Grenzwerte von berauschender und toxischer Dosis sehr nahe beieinanderliegen und andererseits der Wirkstoffgehalt (bei variabler Wirkstoffzusammensetzung) drastisch schwankt, können sehr schnell schwere Vergiftungen auftreten, die aufgrund der hohen Toxizität der Stoffe auch tödlich enden können. Die tödliche Dosis liegt bei Scopolamin bei 50 mg, niedrigere Dosen können jedoch bereits durch Atemlähmung den Tod herbeiführen.

ANWENDUNG

In der Volksheilkunde wurde die narkotisch und halluzinogen wirkende Pflanze als krampflösendes Mittel und als Räuchermittel bei Asthma bronchiale eingesetzt. Die Blätter und auch die leicht dosierbaren Samen des Bilsenkrautes werden wegen ihres berauschenden Effekts geraucht. Heute ist der Einsatz als obsolet anzusehen, da der Wirkstoffgehalt stark schwankt und es häufig zu Vergiftungen kam.

Im Bronchialsirup von Häseler ist neben Codein, Sonnentau, Süssholz und Schlüsselblume auch Bilsenkraut vorhanden.

ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG

Trotz der Positivmonografie der Kommission E haben die Blätter des Bilsenkrautes heute in der Medizin kaum mehr eine Bedeutung.

Nur nach Absprache mit dem Arzt verwenden - Bilsenkraut ist eine starke Giftpflanze!

STATUS

HOMÖOPATHIE

Hyoscyamus niger (syn. Hyoscyamus) HAB1, die ganzen, frischen, blühenden Pflanzen.

Anwendungsgebiet: Unruhe und Erregungszustände, Schlafstörungen, spastische Zustände der Atemwege und des Verdauungstraktes.

BILSENKRAUT IM GARTEN

Das Bilsenkraut ist eine einjährige Pflanze, die sich im ersten Jahr zur Blüte und Samenreife entwickelt und anschliessend abstirbt. Das Bilsenkraut mag nährstoffreiche, eher kalkhaltige und nicht zu trockenen Boden. Die Pflanze bevorzugt warme sonnige Lagen.
Der Anbau ist sehr einfach und erfolgt mit Samen. Diese werden einfach nur in die Anzuchterde gedrückt. Die Keimung ist sehr unproblematisch. Ich halte die schöne alte Heilpflanze im Kübel auf der Terrasse. Hier braucht das schwarze Bilsenkraut genügend Wasser und auch etwas Flüssigdünger.

Gruppe von Bilsenkrautpflanzen

SONSTIGES

Vermutlich wurde das Bilsenkraut bereits in der Steinzeit angebaut und rituell benutzt. Auch der römische gelehrte Plinius erwähnt das Bilsenkraut. Die Germanen verwendeten die Bezeichnung "belinuntia" (Kraut des Sonnengottes Bel). Sie vergifteten ihre Wurfspiesse mit einem Extrakt des Bilsenkrautes. Die keltischen Druiden inhalierten den Rauch, um Trancezustände zu erreichen.

Letzte Änderung: 04.12.2020 / © W. Arnold