Herbstzeitlose - Colchicum autumnale


Die Herbstzeitlose ist eine Giftpflanze und wird deshalb nicht als Phytopharmakon, sondern ausschliesslich in Form des Reinstoffs Colchicin in Fertigarzneimitteln bei Gicht eingesetzt. In der Alternativmedizin, z.B. in homöopathisch-spagyrische Tropfen wird die Herbstzeitlose noch verwendet.

Colchicum autumnale (syn. Colchicum commune, C. crociflorum, C. multiflorum);
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Herbstzeitlose (syn. Butterwecken, Henne, Hennegift, Giftblume, Herbstblume).

Herbstzeitlosepflanzen (Colchicum autumnale)

VORKOMMEN

Colchicum autumnale stammt ursprünglich aus Westasien, ist heut aber weitgehend eine mitteleuropäische Pflanze. Sie ist im Norden bis Irland, England, Norddeutschland, Südpolen und Bulgarien verbreitet, südwärts bis Nordspanien und Mittelasien. Die Pflanze ist auf nährstoffreichen, feuchten Wiesen, von der Ebene bis in die Voralpen, zu finden. In Mittel- und Süddeutschland ist die Pflanze häufig anzutreffen.

Makroaufnahme einer Blüte der Herbstzeitlose

MERKMALE

Die Herbstzeitlose ist eine ausdauernde krautige Knollenpflanze. Sie hat bis zu 25 cm lange, 2 bis 4 cm breite, schmal ovale, flache Laubblätter die im Frühjahr zusammen mit den Früchten erscheinen. Die Laubblätter sind zur Blütezeit nicht mehr vorhanden. Es werden ein bis drei Blüten pro Exemplar gebildet. Die zwittrigen, radiärsymmetrischen Blüten sind dreizählig. Die Frucht ist eine dreifächrige, vielsamige Kapsel. Die Samen sind rund, bräunlich, etwas klebrig und haben einen Durchmesser von 1.0 bis 3,0 mm.

Colchicum autumnale - Herbstzeitlose

DROGEN (verwendete Pflanzenteile)

Colchici semen (syn. Semen Colchici); die Im Juni/Juli geernteten und getrockneten Herbstzeitlosensamen (syn. Zeitlosensamen).

WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE

Herbstzeitlosensamen enthalten nach der Ernte etwa 0,5 bis 1,2 % Alkaloide, hauptsächlich neutrale Alkaloide mit Tropolonring, wie Colchicin (bis zu 65 % der Gesamtalkaloide) und Colchicosid (bis zu 30 % der Gesamtalkaloide) neben wenig N-Desacetyl-N-formylcolchicin und N-Desacetyl-N-oxobutyrylcolchicin. Basische Alkaloide mit Tropolonringstruktur, wie Demecolcin, kommen nur in sehr geringen Mengen vor.

Colchicin

PHARMAKOLOGIE (Hager)

Träger der Wirkung von Extrakten aus Herbstzeitlosensamen ist vor allem Colchicin. Das nach Abspaltung des Glucoserestes aus dem Colchicosid hervorgehende 3-Demethylcolchicin ist wahrscheinlich an der Wirkung beteiligt. Hauptangriffspunkt ist ein α,β-Dimeres, aufgebaut aus je einer Untereinheit α- und β -Tubulin, das als Baustein der Mikrotubuli der Zellen dient. Durch Bindung von Colchicin (oder anderen Tropolonalkaloiden) an das Dimere wird dessen Fähigkeit zur Aggregation unter Ausbildung der Mikrotubuli gehemmt. Damit werden der intrazelluläre Transport, der Export von Zellbestandteilen durch Exocytose und die Wanderungsfähigkeit von Zellen unterdrückt. Folge ist eine Verhinderung des Chromosomentransports während Mitose und Meiose, also eine Verhinderung der Zellteilung, unter bestimmten Bedingungen auch das Auftreten von Chromosomenmutationen, z. B. eine Polyploidisierung. Durch Einschränkung der Exocytose wird die Abgabe von lysosomalen Enzymen durch die Zelle verhindert. Die Motilitätshemmung betrifft besonders die zur Phagocytose befähigten Lymphocyten. Therapeutisch nutzbar sind diese Wirkungen zur Hemmung der Einwanderung und der Autolyse von Phagocyten bei Entzündungsprozessen.

ANWENDUNG

Angaben der Kommission E:

  • Wirkungen: antichemotaktisch; antiphlogistisch; mitosehemmend.
  • Anwendungsgebiete: Akuter Gichtanfall; Familiäres Mittelmeerfieber.
  • Gegenanzeigen: Schwangerschaft
    Hinweis: Vorsicht bei alten und geschwächten Patienten sowie bei solchen mit Herz-, Nieren- oder gastrointestinalen Erkrankungen.
  • Nebenwirkungen: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Leukopenie, Hautveränderungen.
  • Wechselwirkungen: Keine bekannt.
  • Dosierung:
    Soweit nicht anders verordnet: Im akuten Anfall oral als Initialdosis entsprechend 1 mg Colchicin, gefolgt von 0,5-1,5 mg alle 1-2 Stunden bis zum Abklingen der Schmerzen. Die Tagesgesamtdosis soll 8 mg Colchicin nicht überschreiten. Zur Anfallsprophylaxe und Therapie des Familiären Mittelmeerfiebers oral täglich entsprechend 0,5-1,5 mg Colchicin.
  • Art der Anwendung:
    Zerkleinerte Droge, Frischpflanzenpresssaft sowie andere galenische Zubereitungen zum Einnehmen.
    Hinweis: Bei der Dauertherapie des Familiären Mittelmeerfiebers mit Colchicum- Zubereitungen ist eine laufende Kontrolle des Blutbildes sowie der Leber- und Nierenfunktion erforderlich.
  • Dauer der Anwendung: Keine Wiederholung der Behandlung des Gichtanfalls innerhalb von 3Tagen.

Volkstümliche Anwendungen:
Heute obsolet ist die Anwendung bei akuter und chronischer Leukämie, Hauttumoren und Condylomata. Umstritten ist der Einsatz bei akutem Gelenkrheumatismus, Sehnenscheidenentzündung, Entzündung des Magen-Darm-Traktes, Psoriasis, nekrotisierender Vasculitis und Leberzirrhose.
In der Volksmedizin wurde eine Abkochung der Pflanze zur Bekämpfung von Läusen bei Mensch und Vieh verwendet. In Graubünden galt die Pflanze, früh nüchtern gegessen, als Mittel gegen Gelbsucht, Zeitlosenwein wurde bei Asthma, Gicht, Wassersucht und Rheumatismus benutzt.

Alle Formen der Selbstmedikation sind wegen der großen Vergiftungsgefahr verboten. Die Wirksamkeit bei den erwähnten Anwendungsgebieten ist derzeit nicht belegt.

ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG

Die Herbstzeitlose ist eine Giftpflanze und wird deshalb nicht als Phytopharmakon, sondern ausschliesslich in Form des Reinstoffs Colchicin in Fertigarzneimitteln bei Gicht eingesetzt.
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In der Alternativmedizin, z.B. in homöopathisch-spagyrische Tropfen wird die Herbstzeitlose noch verwendet, je nach Anwendung in Kombinationen mit z.B. Adonisröschen, Arnika, Weissdorn, Schafgarbe, Tollkirsche, Germer, Koloquinte, Schöllkraut, Berberitze, Artischocke und Weiteren.

STATUS

Giftpflanze!

HOMÖOPATHIE

Colchicum autumnale e seminibus HAB; die reifen, getrockneten Samen.
Anwendungsgebiet: akute und chronische Gicht, akuter Gelenkrheumatismus, Sehnenscheidenentzündungen.

HERBSTZEITLOSE IM GARTEN

Die Herbstzeitlose braucht leicht sauren, wenn möglich nährstoffreichen und durchlässigen Boden. Dieser soll ständig etwas feucht sein. Die Herbstpflanze hat gerne einen sonnigen Standort, begnügt sich aber auch mit Halbschatten. Gepflanzt wird die Herbstzeitlose in Form von Zwiebeln, in einer Tiefe von ca. 10 cm, im August,

Das interessante Liliengewächs zeigt Blätter und Blüten niemals zusammen: Im Frühling sind die Blätter zu sehen, dann ist die Blüte bereits vergangen oder im Herbst die Blüten, in diesem Falle sind die Blätter nicht mehr da. Das erschwert die Pflanze richtig zu bestimmen, so kann die Herbstzeitlose mit dem Bärlauch (Allium ursinum) verwechselt werden.

Blühende Herbstzeitlose (Pflanzen)

SONSTIGES

Der wissenschaftliche Gattungsname Colchicum leitet sich von einer Landschaft am Schwarzen Meer ab, der Kolchis im heutigen Georgien. Dort soll auch die Heimat der sagenhaften Medea sein, ihres Zeichens Giftmischerin und Zauberin. Vermutlich besteht ein Zusammenhang zwischen den Sagen um eine Giftmischerin in dieser Region und dem dortigen Vorkommen der Zeitlosenart Colchicum variegatum. Das Artepitheton autumnale ist ein Verweis auf die Blütezeit im Herbst und leitet sich vom lateinischen autumnus "Herbst" ab.

Die Droge diente seit altersher als Gichtmittel und wurden bereits im Altertum unter der Bezeichnung "Colchicon" verwendet.

Letzte Änderung: 01.03.2024 / © W. Arnold